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Unterschiedliche Fahrradfahrer haben unterschiedliche Beinlängen. Daher scheint es offensichtlich zu sein, dass die Kurbellänge proportional zur Beinlänge sein sollte. Also sollten langbeinige Fahrradfahrer lange Kurbeln und kurzbeinige Fahrradfahrer kurze Kurbeln fahren. Aber erstaunlicherweise fahren 99,9% aller erwachsenen Fahrradfahrer Kurbellängen zwischen 165 mm und 175 mm. Haben sich die großen Fahrradkomponentenhersteller zu einer großen Verschwörung zusammengeschlossen, damit alle gezwungen sind, die gleiche Kurbellänge unabhängig ihrer Bedürfnisse zu fahren? | |||
Unterschiedliche Fahrradfahrer haben unterschiedliche Beinlängen. Daher scheint es offensichtlich zu sein, dass die Kurbellänge proportional zur Beinlänge sein sollte. Also sollten | |||
Hierbei handelt es sich um ein übliches Missverständnis. Die Hebelübersetzung jedes Antriebs - auch als [[Vortriebsverhältnis]] bekannt - ist abhängig von [[Kurbel]] | Hierbei handelt es sich um ein übliches Missverständnis. Die Hebelübersetzung jedes Antriebs - auch als [[Vortriebsverhältnis]] bekannt - ist abhängig von [[Kurbel]]länge, [[Reifen]]durchmesser, [[Kettenblatt]]- und [[Ritzel]]zähnezahl. | ||
Wenn man tatsächlich nur die Kurbellänge vergrößert, ohne die anderen Variablen anzupassen, hat man natürlich höhere Hebelkräfte. Anders ausgedrückte heißt das, dass man einen weniger effizienten Gang fährt. Auf einem Fahrrad mit Gangschaltung kann man das jedoch nach eigenem Wünschen steuern. | |||
Aber es gibt einen Haken bei der Sache. Angenommen, man hat den Gang zu seiner Zufriedenheit gewechselt, dann hat die Kurbellänge keinen Einfluss mehr auf die Hebelkräfte. Jedoch hat die Kurbellänge Einfluss auf den Bewegungsspielraum der Knie und der Hüftgelenke. Zu lange Kurbeln bewirken exzessive Kniebewegung. Das wiederum kann zu Schmerzen oder Verletzungen führen, weil das Knie über Gebühr bewegt werden muss. [[Sheldon Brown]] lernte das auf die harte Tour als er sich ein gebrauchtes Mountainbike mit 180 mm Kurbeln zulegte. Seine Knie schnmerzten nach jeder Ausfahrt. | Aber es gibt einen Haken bei der Sache. Angenommen, man hat den Gang zu seiner Zufriedenheit gewechselt, dann hat die Kurbellänge keinen Einfluss mehr auf die Hebelkräfte. Jedoch hat die Kurbellänge Einfluss auf den Bewegungsspielraum der Knie und der Hüftgelenke. Zu lange Kurbeln bewirken exzessive Kniebewegung. Das wiederum kann zu Schmerzen oder Verletzungen führen, weil das Knie über Gebühr bewegt werden muss. [[Sheldon Brown]] lernte das auf die harte Tour als er sich ein gebrauchtes Mountainbike mit 180 mm Kurbeln zulegte. Seine Knie schnmerzten nach jeder Ausfahrt. | ||
Es scheint jedoch keine negativen Auswirkungen zu geben, wenn man kürzere | Es scheint jedoch keine negativen Auswirkungen zu geben, wenn man kürzere Kurbeln fährt. [[Sheldon Brown]] hat ein wenig experimentiert. Auf seinem [[Fixed Gear]] hatte er eine 165 mm Kurbelgarnitur mit einer 42/15 Übersetzung und [[28 Zoll|700c]] oder [[27 Zoll]] Bereifung. Das ergibt ein [[Vortriebsverhältnis]] von 5,8. Eines seiner letzten Experimente nahm er mit einem [[Trek]] Plastikrahmen, den er über ein Kompensationsgeschäft ergattert hatte, auf. Er montierte ein Paar TA 150 Kurbeln, das er von einem Cinelli Kinder-[[BMX]] rupfte. Mit einer Übersetzung von 45/17 und einem Vortriebsverhältnis von 5,9 gelangte er ein ganz klein wenig höher als bei seinem Fixie. Bei der ersten Ausfahrt nach längerer Abstinenz fühlte sich diese Kombination zuerst recht merkwürdig an. Nach kurzer Eingewöhnung war es aber völlig in Ordnung. Man kann damit genauso schnell und gut bergauf fahren wie mit längeren Kurbeln. Jedoch ist für eine bestimmte Geschwindigkeit die [[Kadenz]] höher (obwohl die Pedalgeschwindigkeit die gleiche bleibt). Die kurzen Kurbeln ermöglichen jedoch leichter schnell zu kurbeln. Wenn er das Fahrrad einige Kilometer gefahren war und wieder zu [[normal]]en Kurbeln zurückkehrte, fühlte sich das wiederum etwas befremdlich und lang an. Nach ein paar Minuten war dann aber wieder alles wie gewohnt. | ||
[[Sheldon Brown]] meinte, dass die Leute zu viel auf Kurbellängen geben. Letzten Endes benutzen wir alle auch die gleichen Treppenstufen unabhängig von unserer Beinlänge. Kleinere Personen gewöhnen sich an die größere Beugung der Knie und können sich auch an längere Kurbeln, die größere Leute für gewöhnlich benutzen, gewöhnen. | [[Sheldon Brown]] meinte, dass die Leute zu viel auf Kurbellängen geben. Letzten Endes benutzen wir alle auch die gleichen Treppenstufen unabhängig von unserer Beinlänge. Kleinere Personen gewöhnen sich an die größere Beugung der Knie und können sich auch an längere Kurbeln, die größere Leute für gewöhnlich benutzen, gewöhnen. | ||
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==Längen mischen== | ==Längen mischen== | ||
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Jedes Tandemteam wird sich irgendwann mit dem Thema [[Kadenz]] auseinandersetzen müssen. Mit Erfahrung und Geduld können sich die meisten [[Tandemist]]en das auf einem Standardtandem erarbeiten. Manche Teams - insbesondere solche, bei denen die Beinlängen sich stark unterscheiden - können davon profitieren, dass sie unterschiedliche Kurbellängen für [[Kapitän]] und [[Heizer]] montieren. | Jedes Tandemteam wird sich irgendwann mit dem Thema [[Kadenz]] auseinandersetzen müssen. Mit Erfahrung und Geduld können sich die meisten [[Tandemist]]en das auf einem Standardtandem erarbeiten. Manche Teams - insbesondere solche, bei denen die Beinlängen sich stark unterscheiden - können davon profitieren, dass sie unterschiedliche Kurbellängen für [[Kapitän]] und [[Heizer]] montieren. | ||
Im allgemeinen gilt für einen gegebenen Fahrer, dass kürzere | Im allgemeinen gilt für einen gegebenen Fahrer, dass kürzere Kurbeln das [[Spinner|Spinnen]] erleichtern. Ein Fahrer, der höhere Kadenzen bevorzugt, sollte die längeren Kurbeln bekommen. Dadurch werden etwas geringere Kadenzen erreicht. Falls der Fahrer mit der Präferenz für geringere Kadenzen die kürzeren Kurbeln erhält, wird es insgesamt leichter, schneller zu kurbeln. Die verbreitetste Kurbellänge bei Tandems ist werksseitig 170 mm. Wenn man also feststellt, dass man schwere Kadenzinkompatibilität hat, sollte der Fahrer mit der Präferenz für höhere Kadenzen 175 mm Kurbeln bekommen. Falls das noch nicht genug hilft, sollte der Fahrer, dem es schwerer fällt, schnell zu kurbeln, 165 mm Kurbeln bekommen. | ||
Anmerkung: Das | Anmerkung: Das verändern der Kurbellänge ändert natürlich nicht die Kadenzen an sich und beide Fahrer kurbeln natürlich auch immer noch in der gleichen Kadenz. Jedoch wird der Fahrer mit den längeren Kurbeln animiert, etwas langsamer zu treten, und der Fahrer mit den kürzeren Kurbeln hat es nicht so schwer mit der höheren Kadenz mitzuhalten. | ||
==Pedalabstand ("Q-Faktor")== | ==Pedalabstand ("Q-Faktor")== | ||
Der [[Pedalabstand]] (oder auch Q-Faktor) einer Kurbel ist der horizontale Abstand von Kurbelarmen zwischen den Pedalgewinden. Je größer der Pedalabstand ist, desto weiter sind die Füße auseinander. Es ist generell eine gute Idee, den Pedalabstand so schmal wie möglich zu halten. Dafür gibt es drei hauptsächliche Gründe: | Der [[Pedalabstand]] (oder auch Q-Faktor) einer Kurbel ist der horizontale Abstand von Kurbelarmen zwischen den Pedalgewinden. Je größer der Pedalabstand ist, desto weiter sind die Füße auseinander. Es ist generell eine gute Idee, den Pedalabstand so schmal wie möglich zu halten. Dafür gibt es drei hauptsächliche Gründe: | ||
* Das Hüftgelenk ist auf das Gehen optimiert. Da beim normalen Gehen die Füße immer sehr nah entlang einer | * Das Hüftgelenk ist auf das Gehen optimiert. Da beim normalen Gehen die Füße immer sehr nah entlang einer Linie sind, hat man hier einen geringen "Abstand". | ||
* Wenn man im Stehen pedaliert, muss man mit zunehmendem Abstand der Pedale von der [[Mitte]] des Fahrrads mehr Kraft am Lenker ziehen, um ein Gegengewicht zur seitlichen Kipptendenz des Fahrrads durch die Pedalkräfte aufzubauen. | * Wenn man im Stehen pedaliert, muss man mit zunehmendem Abstand der Pedale von der [[Mitte]] des Fahrrads mehr Kraft am Lenker ziehen, um ein Gegengewicht zur seitlichen Kipptendenz des Fahrrads durch die Pedalkräfte aufzubauen. | ||
* Je größer der Pedalabstand ist, desto höher muss das [[Tretlager]] sein, um bei Kurvenfahrten ein Aufsetzen des Pedals zu vermeiden. | * Je größer der Pedalabstand ist, desto höher muss das [[Tretlager]] sein, um bei Kurvenfahrten ein Aufsetzen des Pedals zu vermeiden. | ||
Ältere Fahrräder waren im Allgemeinen so aufgebaut, dass der Pedalabstand minimiert war. Mit Beginn der 1970er Jahre startete ein Trend hin zu breiteren | Ältere Fahrräder waren im Allgemeinen so aufgebaut, dass der Pedalabstand minimiert war. Mit Beginn der 1970er Jahre startete ein Trend hin zu breiteren Pedalabständen. Das hatte mehrere Gründe: | ||
* Die Beliebtheit von [[Dreifachkurbel]]n hat die rechte Seite weiter nach außen verlagert. | * Die Beliebtheit von [[Dreifachkurbel]]n hat die rechte Seite weiter nach außen verlagert. | ||
* [[Umwerfer]] für Dreifachkurbeln haben ein ausgeprägteres dreidimensionales Design des [[Käfig]]s, das mehr Abstand zwischen dem großen [[Kettenblatt]] und der rechten Kurbel erfordert. | * [[Umwerfer]] für Dreifachkurbeln haben ein ausgeprägteres dreidimensionales Design des [[Käfig]]s, das mehr Abstand zwischen dem großen [[Kettenblatt]] und der rechten Kurbel erfordert. | ||
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==Kurbelprofil== | ==Kurbelprofil== | ||
Viele klassische Kurbeln waren so geformt, dass sie quasi parallel zur Mitte des Fahrrads verliefen. Seit den 1980er Jahren gibt es einen Trend zu [[Low Profile Kurbel]]n Bei einer Low Profile Kurbel bleiben die pedalseitigen Enden wie gehabt. Jedoch ist die Achse des Innenlagers kürzer. Die Kurbelarme sind daher von der Achse zum Pedal nach außen gewinkelt. | |||
Low Profile Kurbeln sind etwas leichter und potentiell etwas steifer als klassische Kurbeln. Dieses Kurbeldesign hat einen Vorteil für Fahrer, die mit gespreizten Füßen (Zehen nach auswärts gedreht) fahren, da der Kontakt zwischen Fersen/Knöcheln des Fahrers und der Kurbel vermieden wird. | |||
Low | Manche Leute halten Low Profile Kurbeln für Mist, weil sie glauben, dass sie Schuld an größeren Pedalabständen sind. Das ist jedoch keine akkurate Analyse. Erst kam der größere Pedalabstand, wie man oben nachlesen kann. Die gute Seite an der vergrößerten Pedalabstandswolke ist, dass erst der vergrößerte Pedalabstand Low Profile Kurbeln bei Rahmen mit Standardmaßen ermöglicht hat. | ||
==Liegeräder== | ==Liegeräder== | ||
Aus nicht ganz klaren Gründen scheinen viele [[Liegerad]]fahrer von kürzeren Kurbeln zu profitieren. Manche Leute, die auf aufrechten Fahrrädern keine Knieprobleme kennen, haben diese plötzlich auf Liegerädern. Kürzere Kurbeln löschen diese dann oft aus. Dabei ist allerdings nicht klar, dass die Knieprobleme von längeren Kurbeln herrühren. | |||
Theoretisch resultieren die Knieschmerzen davon, dass man stärker in die Pedale tritt und zu lange in einem hohen Gang verweilt. Auf einem aufrechten Fahrrad wird man beim sehr harten pedalieren aus dem Sattel gehoben und so merkt man, dass man das macht. Beim Liegerad wird der Rücken in den Sitz gedrückt und man hat keine direkte Rückmeldung wie stark man wirklich in die Pedale tritt. Daher überanstrengt man seine Knie, weil man zu lange in einem zu großen Gang fährt, ohne es zu merken. | |||
==Siehe auch== | ==Siehe auch== | ||
* [[Vortriebsverhältnis]] | |||
* | * [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10828327?dopt=Abstract A governing relationship for repetitive muscular contraction Martin JC, Brown NA, Anderson FC, Spirduso WW, Journal of Biomechanics, August 2000] | ||
* A governing relationship for repetitive muscular contraction Martin JC, Brown NA, Anderson FC, Spirduso WW, Journal of Biomechanics, August 2000 | * [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11417428?dopt=Abstract Determinants of maximal cycling power: crank length, pedaling rate and pedal speed, Martin JC, Spirduso WW, European Journal of Applied Physiology, May 2001] | ||
* Determinants of maximal cycling power: crank length, pedaling rate and pedal speed, Martin JC, Spirduso WW, European Journal of Applied Physiology, May 2001 | |||
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