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Alle oben aufgeführten Aussagen sind gleichermaßen falsch! | Alle oben aufgeführten Aussagen sind gleichermaßen falsch! | ||
Es gibt einen erstaunlich großen weit gestreuten, | Es gibt einen erstaunlich großen weit gestreuten, folkloristisch "gebräuchlichen Wissensschatz" über Fahrradrahmen und -materialien, der keiner faktischen Überprüfung standhält. | ||
In Wirklichkeit kann man aus jedem der oben genannten Materialien (außer Drogen und Königinnen) sehr gute Rahmen herstellen, die den gewünschten Fahreigenschaften entsprechen - insofern man die passenden Rohrdurchmesser, -wandstärken und Rahmengeometrien wählt. | In Wirklichkeit kann man aus jedem der oben genannten Materialien (außer Drogen und Königinnen) sehr gute Rahmen herstellen, die den gewünschten Fahreigenschaften entsprechen - insofern man die passenden Rohrdurchmesser, -wandstärken und Rahmengeometrien wählt. | ||
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Wenn man nun soviel Gewicht an diese Metallstange hängen würde, dass das Material sich komplett verböge und nicht mehr in seinen Originalzustand zurückkehrte, sondern verbogen bliebe, hätte das Material nachgegeben. | Wenn man nun soviel Gewicht an diese Metallstange hängen würde, dass das Material sich komplett verböge und nicht mehr in seinen Originalzustand zurückkehrte, sondern verbogen bliebe, hätte das Material nachgegeben. | ||
Unterschiedliche | Unterschiedliche Materialien vertragen unterschiedlichen Kraftaufwand, bevor sie nachgeben. Diese Eigenschaft nennt man '''Beanspruchbarkeit'''. | ||
===Formsteifigkeit=== | ===Formsteifigkeit=== | ||
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Jedoch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Zugfestigkeiten (Streckgrenze, Dehngrenze) der einzelnen Qualitätsstufen der Rohre. | Jedoch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Zugfestigkeiten (Streckgrenze, Dehngrenze) der einzelnen Qualitätsstufen der Rohre. | ||
Der E-Modul zeigt Dir, dass Du bei exakt gleicher Bauweise dreier Rahmen aus den drei | Der E-Modul zeigt Dir, dass Du bei exakt gleicher Bauweise dreier Rahmen aus den drei Materialien mit gleichem Rohrdurchmesser und gleicher Rohrwandstärke ein Aluminiumrahmen etwa ein Drittel so steif wäre wie der Stahlrahmen. Der Titanrahmen hätte rund 50% der Steifigkeit des Stahlrahmens. | ||
Der Wert der Zugfestigkeit zeigt, dass der Aluminiumrahmen wesentlich schwächer wäre - sprich: früher brechen würde - als der Stahl- oder Titanrahmen. | Der Wert der Zugfestigkeit zeigt, dass der Aluminiumrahmen wesentlich schwächer wäre - sprich: früher brechen würde - als der Stahl- oder Titanrahmen. | ||
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==Stahl kontra Aluminium== | ==Stahl kontra Aluminium== | ||
Bei Aluminium ist die oben beschriebene Ausgangssituation sogar noch verschärft. Ein identischer Aluminiumrahmen hätte nur ca 30% der Formsteifigkeit, ca. 50% Beanspruchbarkeit und rund 30% des Gewichts des Stahlrahmens. Daher haben die meisten Aluminiumrahmen deutlich größere Rohrdurchmesser und -wandstärken, um mit guter Formsteifigkeit und Beanspruchbarkeit zu punkten. Dies resultiert dann insgesamt immer noch in einem leichteren Rahmengewicht als bei vergleichbaren Stahlrahmen. | Bei Aluminium ist die oben beschriebene Ausgangssituation sogar noch verschärft. Ein identischer Aluminiumrahmen hätte nur ca. 30% der Formsteifigkeit, ca. 50% Beanspruchbarkeit und rund 30% des Gewichts des Stahlrahmens. Daher haben die meisten Aluminiumrahmen deutlich größere Rohrdurchmesser und -wandstärken, um mit guter Formsteifigkeit und Beanspruchbarkeit zu punkten. Dies resultiert dann insgesamt immer noch in einem leichteren Rahmengewicht als bei vergleichbaren Stahlrahmen. | ||
== Großer Rohrdurchmesser und dünne Rohrwandstärke == | == Großer Rohrdurchmesser und dünne Rohrwandstärke == | ||
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===Torsions-/Lateralsteifigkeit=== | ===Torsions-/Lateralsteifigkeit=== | ||
Die Torisions- bzw- Lateralkräfte werden zum großen Teil durch das Pedalieren aufgebracht. Jeder Rahmen wird um das [[Tretlagergehäuse]] herum durch die Kräfte des Pedalierens ein kleines Stück gebogen. Dieses Biegen kann man spüren und viele Fahrradfahrer denken, dass es Kräfte vergeudet. Tatsächlich stimmt das nicht, denn Metalle, die für den Rahmenbau verwendet werden, sind sehr effektive Federn. Die Energie wird am Ende des Kraftaufwands wieder zurückgeführt. Daher geht so gut wie keine Energie verloren. Es gibt also keinen echten Effizienzverlust durch einen biegsamen Rahmen (wenig Formsteifigkeit). Jedoch wird das Gefühl des flexenden Rahmens als unangenehm empfunden und daher bevorzugen viele | Die Torisions- bzw- Lateralkräfte werden zum großen Teil durch das Pedalieren aufgebracht. Jeder Rahmen wird um das [[Tretlagergehäuse]] herum durch die Kräfte des Pedalierens ein kleines Stück gebogen. Dieses Biegen kann man spüren und viele Fahrradfahrer denken, dass es Kräfte vergeudet. Tatsächlich stimmt das nicht, denn Metalle, die für den Rahmenbau verwendet werden, sind sehr effektive Federn. Die Energie wird am Ende des Kraftaufwands wieder zurückgeführt. Daher geht so gut wie keine Energie verloren. Es gibt also keinen echten Effizienzverlust durch einen biegsamen Rahmen (wenig Formsteifigkeit). Jedoch wird das Gefühl des flexenden Rahmens als unangenehm empfunden und daher bevorzugen viele Radfahrer Rahmen, die in der Antriebsgegend formsteifer sind. Das trifft eher auf große, schwere Fahrer zu und solche, die häufig in den Pedalen stehen. | ||
Die laterale Formsteifigkeit ist auch bei | Die laterale Formsteifigkeit ist auch bei Reiseradlern, die mit schwerem Gepäck im hinteren Fahrradbereich unterwegs sind, von Bedeutung. Ein Rahmen, der in dieser Gegend zu sehr flext, wird als volatil bemerkt und tendiert dazu, bei hohen Geschwindigkeiten gefährlich zu oszillieren. Der Großteil der Biegung wird durch das Gepäckteil des Rads erzeugt, jedoch könne in den Sitzstreben genügend Torsionskräfte übertragen werden, dass dies die Situation noch verschärft. | ||
===Vertikale Formsteifigkeit=== | ===Vertikale Formsteifigkeit=== | ||
''Da sich dieser Artikel mit Rahmen beschäftigt, wird nur der Aspekt von Stößen, die über das Hinterrad zum Sattel durchgereicht werden, behandelt. Die Fahreigeschaften am Lenker werden im Wesentlichen durch [[Gabel]] und Geometrie bestimmt und sind überwiegend unabhängig von der Rahmenmaterialwahl.'' | ''Da sich dieser Artikel mit Rahmen beschäftigt, wird nur der Aspekt von Stößen, die über das Hinterrad zum Sattel durchgereicht werden, behandelt. Die Fahreigeschaften am Lenker werden im Wesentlichen durch [[Gabel]] und Geometrie bestimmt und sind überwiegend unabhängig von der Rahmenmaterialwahl.'' | ||
Der meiste Blödsinn, der über die verschiedenen Rahmenmaterialien verbreitet wird, ist der | Der meiste Blödsinn, der über die verschiedenen Rahmenmaterialien verbreitet wird, ist der imaginäre Unterschied in der vertikalen Formsteifigkeit. Es wird behauptet, dass der eine Rahmen butterweich jede Unebenheit wegsteckt, während ein anderer Rahmen schon das Überrollen eines Haarrisses in der Straße spürbar mache. So gut wie alle dieser "Unterschiede" sind entweder Placeboeffekte (sprich: eingebildet) oder werden durch andere Aspekte als die Rahmenmaterialwahl hervorgerufen. | ||
Unebenheiten werden durch die Reifendecke über den Reifen, das Laufrad, die Sitzstreben, die Sattelstütze, den Sattelrahmen und schließlich die Satteldecke an den | Unebenheiten werden durch die Reifendecke über den Reifen, das Laufrad, die Sitzstreben, die Sattelstütze, den Sattelrahmen und schließlich die Satteldecke an den Fahrer durchgereicht. Jede dieser Komponenten leiten mehr oder weniger die Energie ab, jedoch nie die gleiche Menge. | ||
Der größte Teil der Absorption wird im Reifen aufgefangen, die zweitgrößte im Sattel. Wenn man bei einem kleinen Rahmen viel Sattelstütze herausgezogen hat, absorbiert auch die Sattelstütze mehr. Die Stoßabsorption von hoch qualitativen Laufrädern kann vernachlässigt werden. Die Sitzstreben sind der einzige Teil des Rahmens, der an der Weitergabe der Energie beteiligt ist. Sie übertragen die Energie genau in ihrer Verlaufsrichtung und sind in diese Richtung so formsteif, dass sie die Energie vollständig weitergeben. | Der größte Teil der Absorption wird im Reifen aufgefangen, die zweitgrößte im Sattel. Wenn man bei einem kleinen Rahmen viel Sattelstütze herausgezogen hat, absorbiert auch die Sattelstütze mehr. Die Stoßabsorption von hoch qualitativen Laufrädern kann vernachlässigt werden. Die Sitzstreben sind der einzige Teil des Rahmens, der an der Weitergabe der Energie beteiligt ist. Sie übertragen die Energie genau in ihrer Verlaufsrichtung und sind in diese Richtung so formsteif, dass sie die Energie vollständig weitergeben. | ||
Der einzige Teil des Rahmens, der zum "Federungskomfort" beitragen kann, ist das Sitzrohr, welches bei weit | Der einzige Teil des Rahmens, der zum "Federungskomfort" beitragen kann, ist das Sitzrohr, welches bei weit ausgezogener Sattelstütze ein kleines Stück verbogen werden kann. Jedoch ist das Flexen des Sattelstützenteiles, das sich außerhalb des Sitzrohrs befindet, um ein Vielfaches höher zu bewerten. | ||
Eine Rahmeneigenschaft, die einen weiteren Effekt bei Stößen haben kann, ist das hintere Dreieck des Diamantrahmens. Daher haben [[ | Eine Rahmeneigenschaft, die einen weiteren Effekt bei Stößen haben kann, ist das hintere Dreieck des Diamantrahmens. Daher haben [[Reiserad|Reiseräder]] meist sehr lange Kettenstreben, um den Fahrer weit vor das Hinterrad zu positionieren. Kurze Kettenstreben geben Stöße stärker weiter. Das ist wie im Bus, in dem man weiter hinten sitzt. Wenn man näher auf den Hinterrädern sitzt, wird man mehr durchgeschaukelt. | ||
===Woher kommt Fahrkomfort=== | ===Woher kommt Fahrkomfort=== | ||
Wenn Du nach einem komfortablen Fahrrad suchst, | Wenn Du nach einem komfortablen Fahrrad suchst, ist es unsinnig, alleine das Rahmenmaterial zu fokussieren. Es gibt viele Komfortunterschiede zwischen einzelnen Fahrrädern, die durch folgende Gründe zu belegen sind: | ||
*'''Reifenwahl'''<br /> Breitere, weichere Reifen erzeugen meist mehr Komfort als jeder andere Aspekt eines Rahmens - zumal sie auch oft mit wesentlich geringerem Luftdruck gefahren werden können. Die meisten sportiveren Rahmen verhindern jedoch leider die Reifenwahl durch ihre extrem geringe [[Reifenfreiheit]]. Das wird gemacht, obwohl es keinen Performancevorteil für solche Entwürfe gibt. In diese Rahmen passen nur superschmale Reifen und das Fahrrad wird infolge dessen nie wirklich komfortabel. Siehe hierzu auch den Artikel über [[Reifen]]. | *'''Reifenwahl'''<br /> Breitere, weichere Reifen erzeugen meist mehr Komfort als jeder andere Aspekt eines Rahmens - zumal sie auch oft mit wesentlich geringerem Luftdruck gefahren werden können. Die meisten sportiveren Rahmen verhindern jedoch leider die Reifenwahl durch ihre extrem geringe [[Reifenfreiheit]]. Das wird gemacht, obwohl es keinen Performancevorteil für solche Entwürfe gibt. In diese Rahmen passen nur superschmale Reifen und das Fahrrad wird infolge dessen nie wirklich komfortabel. Siehe hierzu auch den Artikel über [[Reifen]]. | ||
*'''Sattelwahl'''<br /> Mehr dazu im Artikel über [[Ein bequemer Sattel|Sättel]]. | *'''Sattelwahl'''<br /> Mehr dazu im Artikel über [[Ein bequemer Sattel|Sättel]]. | ||
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==Carbonfaser== | ==Carbonfaser== | ||
Carbonfasern wird im | Carbonfasern wird im Rahmenbau immer beliebter. Der Bauprozess läuft jedoch vollkommen anders ab als bei Metallrohre. Wegen der faserigen Struktur des Materials hat es ein völlig anderes Oberflächenbild als Metall. Ein gut entworfener Carbonrahmen hat seine Fasern so ausgerichtet, dass die größte Beanspruchbarkeit des Rahmens an den Punkten mit der größten Krafteinwirkung liegen. | ||
Leider ist im Fahrradbau die Carbontechnologie noch nicht ganz so ausgereift wie Metallrohrverarbeitung. Fahrräder werden vielen verschiedenen Kräften aus allen möglichen Richtungen ausgesetzt. Sogar mit Computermodellierungen ist es nicht möglich, jede einzelne physikalische Komponente vorauszusagen. Carbon hat großes Potential. Jedoch haben zeitgenössische Carbonrahmen noch nicht die Zuverlässigkeit und Ausdauer gezeigt, die im harten | Leider ist im Fahrradbau die Carbontechnologie noch nicht ganz so ausgereift wie Metallrohrverarbeitung. Fahrräder werden vielen verschiedenen Kräften aus allen möglichen Richtungen ausgesetzt. Sogar mit Computermodellierungen ist es nicht möglich, jede einzelne physikalische Komponente vorauszusagen. Carbon hat großes Potential. Jedoch haben zeitgenössische Carbonrahmen noch nicht die Zuverlässigkeit und Ausdauer gezeigt, die im harten Reiseradeinsatz nötig sind. Ein typischer Schwachpunkt sind alle Stellen, an denen Metallteile wie [[Gabelende]]n, Tretlagergehäuse, Steuersätze usw. mit dem Rahmen verbunden werden müssen. Diese Stellen können durch Korrosion geschwächt werden und zum Bruch führen. | ||
==Geometrie== | ==Geometrie== | ||
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== Alltagstauglichkeit == | == Alltagstauglichkeit == | ||
Alle oben genannten Materialen sind für Kurz- bis Mittelstreckendistanzen in Industrieländern gut brauchbar. Titan ist zwar teuer, aber das | Alle oben genannten Materialen sind für Kurz- bis Mittelstreckendistanzen in Industrieländern gut brauchbar. Titan ist zwar teuer, aber das haltbarste Material. Aluminium und Stahl sind genauso exzellent. Aus Carbon werden allerdings keine Reiseräder hergestellt, behauptete [[Sheldon Brown]] im Jahre 2001. | ||
Bei Langstreckenfahrten in weniger entwickelten Gebieten ist Stahl die erste Wahl. Im Falle eines Rahmenschadens kann hier jeder weiterhelfen, der Schweißen oder Löten kann. | Bei Langstreckenfahrten in weniger entwickelten Gebieten ist Stahl die erste Wahl. Im Falle eines Rahmenschadens kann hier jeder weiterhelfen, der Schweißen oder Löten kann. |