Ein bequemer Sattel: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 18. September 2008, 11:56 Uhr
Jeder hätte gerne einen bequemen Sattel an seinem Fahrrad. Es ist aber nicht offensichtlich, was einen bequemen Sattel ausmacht.
Jedes Frühjahr verkaufen Fahrradhändler bargeweise neue Sättel an Radfahrer, weil deren alte Sättel unbequem geworden seien nachdem sie im Herbst mit dem Fahrradfahren aufgehört haben. Sie sind jetzt die ersten ein oder zwei Touren gefahren und fanden den Sattel weniger bequem als sie ihn in Erinnerung hatten. Sie haben von den neuesten hippen Sattelgimmicks gehört und wollen unbedingt einen soclhen Sattel haben!
Sie kaufen den neuen Satel und schrauben ihn ans Fahrrad, fahren ein paar mal und glauben, dass der neue Sattel viel bequemer sei als der Alte. Sie erzählen es allen ihren Freunden und dass sie unbedingt auch genau diesen Sattel bräuchten...
War das wirklich der neue Hightech-Sattel? Oder hatte sich der Fahrer nur vom alten Sattel entwöhnt über die Winterpause? In den meisten Fällen ist nur notwendig, sich ein paar mal auf das Rad zu schwingen und ein paar länger werdende Fahrten zu unternehmen, um sich wieder seinen guten und gut eingestellten Sattel zu gewöhnen. Falls Du Dich früher schon auf Deinem Sattel wohlgefühlt hast, kaufe nicht zu schnell einen Neuen.
Es ist Dir aufgefallen, dass Sheldon Brown von einem "Sattel" und nicht von einem "Sitz" spricht. Der Grund ist, dass ein "Sitz" gebaut wurde um Dein ganzes Gewicht zu tragen. Liegeräder haben Sitze, konventionelle Fahrräder jedoch haben "Sättel". Ein Sattel wurde gebaut, nur einen Teil Deines Gewichts zu tragen. Der Rest des Gewichts wird von Deinen Beinen, Händen und Armen getragen.
Ein aus der Form geratener Fahrradfahrer, der mehrere Monate nicht auf dem Fahrrad gesessen hatm, wird mit viel Kraft wieder neu starten aber die Beine werden schnell müde. Sobald Beine ermüden, wird der Fahrradfahrer mehr Gewicht auf den Sattel geben und dann geht es mit demn Schmerzen los. Die meisten Klagen über Sättel lassen sich meist genau darauf zurückführen, dass der Fahrer zu schnell ermüdete bei seiner ersten langen Fahrt in der Saison, ohne darau7f vorbereitet gewesen zu sein.
Falls Du mehrere Monate nicht mehr im Sattel gesessen hast, solltest Du damit rechnen, wund zu werden , sobald Du eine ernsthaft längere Strecke fährst.
SWollte die Pause mehrere Monate oder gar Jahre gedauert haben, lege erst einmal mit wenigen kurzen Fahrten los, höchstens 2-3 Kilometer. Erhöhe mit der Zeit unmekrlich die zurückgelegte Distanz. Das kann sehr frustrierend sein, es dauert jdeoch eine ganze Weile, Dein Hinterteil wieder ans Fahrradfahren zu gewöhnen. Jeder, der halbwegs gut in Form ist, kann sich jederzeit für 20-30km auf sein Fahrrad schwingen. Wenn man sich nicht wieder an das Fahrradfahren gewöhnt hat, kommt man als Untrainierter als körperliches Wrack zurück.
Das soll nicht bedeuten, dass es nicht bedeutende Unterschiede bei Sätteln gibt oder dass es egal ist, welchen Sattel Du fährst. Es ist jedoch ein Fakt, dass Sättel, die als Originalaustattung an Fahrrädern verbaut werden meist denjenigen unterlegen sind, die man als gute Sättel im Fachhandel erwerben kann.
Hart oder weich?
Falls ein Radfahrer einen Sattel unbequem findet, sucht er meist im ersten Anlauf nach einem weicheren Modell. Dies stellt sich meist als Fehler heraus. Genau wie die weiche Matratze nicht unbedingt die komfortbelste Methode ist, sich zu betten, so ist der weichere Sattel nicht unbedingt der bequemste zum Radfahren.
Das Sitzbeinhöcker-Problem
Stelle Dir vor, Du säßest auf einem Tisch. Dein Gewicht wird dann von den beiden Auswölbungen des Beckenknochens - den Sitzbeinhöckern (Tuber ischiadicum) - getragen. Dies sind die Teile Deines Körpers, die dazu da sind, Dein sitzendes Gewicht zu tragen. Die meisten sattelspezifischen Unbehaglichkeiten rühren daher, dass das Gewicht von den Weichteilen zwischen diesen beiden Höckern getragen wird.
Das kann man sich in etwa so vorstellen, dass man jetzt ein Kissen auf den Tisch legt und sich darauf setzt. Deine Sitzhöcker sinken durch das Gewicht bis zum Tisch durch und das Kissen wölbt sich dazwischen leicht nach oben. Der Unterschied ist, dass Du nun Druck zwischen den Sitzhöckern vom Kissen spürst.
Viele Radfahrer sind sich dieses Problems nicht bewusst und viele Sättel sind so hergestellt, dass der unerfahrene Käufer glaubt, der Komfort ließe sich dadaurch ablesen, wie weit man mit dem Daumen in das Gewebe des Sattels drücken kann. Diese Art Sättel sind aber nur für kurze Fahrten komfortabel (wobei ein unerfahrener Radfahrer diesen meist bequemer findet als einen guten Sattel, solange die Fahrt nicht länger als zwei bis drei Kilometer dauert)
Sättel mit dicker Polsterung sind häufig die Ursache für schmerzhafte Aufscheuerungen auf der Innenseite der Oberschenkel bei längeren Touren.
Breit oder schmal?
Die Breite eines Sattels ist entscheidend für den Sitzkomfort und sollte in Bezug zu den Sitzhöckern des Fahrers stehen. Wenn der Sattel zu schmal ist, ragen die Sitzhöcker über die Seiten des Sattels hinweg und die Weichteile zwischen den Sitzhöckern müssen das Gewicht des Fahrers tragen. Wenn der Sattel zu breit ist, sind vor allem bei heißem Wetter Abschürfungen an den Innenseiten der Oberschenkel möglich.
Viele Symptome eines möglicherweise unpassenden Sattels sind auf eine falsche Justierung des Sattels zurückzuführen. Bevor man einen Sattel als unpassend austauscht, sollte man alle Möglichkeiten der Satteljustage ausgetestet haben.
Gel
Ein Schlagwort bei der Sattelherstelung ist das Wort "Gel", das oft als Allheilmittel für alle Sattelprobleme herangezogen wird. Das Material, das "Gel" genannt wird ist eine bestimmte Art Zellstoffschaum, in dem sich Luftblasen höheren Drucks befinden.
Nur weil ein Sattel die Aufschrift "GEL" trägt, sagt dies nichts über seine Bequemlichkeit aus - das ist nichts als Hype.
Plastik oder Leder?
Es gibt zwei grundsätzlich verschieden Arten von Sätteln, die gebräuchlich sind: Sättel mit unterpolstertem Kunststoff oder aus gespanntem Leder.
Unterpolsterte Kunststoffsättel
Der typische moderne Sattel besteht aus vier Teilen
Der Rahmen
Der Metallrahmen wird gewöhnlicherweise aus Stahl- oder Titanrohren, die grob wie der Buchstabe "V" geformt sind, hergestellt.
Die Basis
Die Kunststoffbasis des Sattel ist an drei Punkten mit dem Metallrahmen verbunden. Diese Basis kann sowohl aus Hertplastik oder flexiblem Kunststoff hergestellt sein. Bessere Sattelbasen bewegen sich flexibel unter dem Fahrergewicht und sind meist unter den Sitzhöckern dünner, um sie stoßresistenter zu machen.
Ein aktueller Trend ist es, ein großes Loch in der Mitte der Basis zu belassen, um den Druck auf die Weichteile des Fahrers oder der Fahrerin zu verringern. In manchen Fällen bedecken die Polsterung und die Satteldecke dieses Loch, in anderen Fällen ist das Loch sichtbar und der Sattel sieht in etwa so aus wie ein dreieckiger Doughnut.
Das funktioniert für manche Leute gut und für andere nicht, da der Rand des Lochs kantig sein und der Druck auf die Weichteile sogar noch erhöht werden kann.
Die Sattelbasis muss der speziellen Anatomie des Fahrers angepasst sein. Es gibt eine große Vartionsbreite zwischen den individuellen Fahrern. Das heißt, dass ein Sattel für den Einen bequem sein kann und für einen Anderen ist er das reinste Foltergerät.
Die Polsterung
Die Polsterung ist meist aus Zellschaumstoff hergestelt, manchnal in der "Gel"-Variante. Falls diese Polsterung zu weich oder zu dick ist, kann sie Probleme durch erhöhten Druck auf die Weichteile oder Abschürfungen erzeugen
Die Satteldecke
Die Satteldecke, die glatt aber nicht rutschig, nachgiebig aber nicht brüchig und zuallerletzt atmungsaktiv sein sollte, kann aus folgenden Stoffen bestehen:
- Leder, das bei besseren Sätteln zum Einsatz kommt und alle gewünschten Eigenschaften vereint.
- Lycra®, ist glatt und atmunskativ, aber manchmal etwas rutschig, und leider bruchanfällig. Die besseren Lycra®-Sättel haben deswegen Kunststoffverstärkungen an den am meisten beanspruchten Stellen (die drei Ecken).
- Vynil (bzw. Vynilbezogener Stoff), hat einen ungfähr dem Leder entsprechenden Oberflächentextur und Konsistenz. Vynil tendiert etwas zu rutschigerer Haptik und ist wenig atmungsaktiv. Es ist haltbarer als Lycra® und günstiger als Leder.
Gespannte Ledersättel
Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein wurden die meisten hochqualitativen Fahrräder mit gespannten Ledersätteln ausgeliefert. Der zugrundeliegende Metallrahmen entspricht in etwa dem oben beschriebenen Rahmen der Kunststoffsättel. Jedoch gibt es eine gebogenen Metallbrücke zwischen den beiden rückwärtigen Enden des Rahmns. Ein dickes Strang Leder ist an diese Brücke genietet und mit einem verstellbaren Montagepunkt an der Sattelspitze verbunden. Das Leder gibt Unterstützung wie eine Art Hängematte.
Der gut gefromte Ledersattel ist eine perfekte Wahl für einen Vielfahrer, dem es nichts ausmacht, dass der Sattel etwas scherer als ein Kunststoffsattel ist.
Ledersättel unterstützen die Bewegung, indem sich das Leder mit der Fahrerbewegung flexibel mitbewegt, ohne dass man eine Polsterung benötigt. Das Fehlen dieser Poslterung ist vor allem bei heißem Wetter ununterschätzbar, da die Wärme und der Schweiß durch die Poren des Leder "atmnen" können.
Ledersättel passen sich durch Ihre Flexibilität der individuellen Form des Fahrers an, wie es auch ein Wasserbett macht.
Sie benötigen mehr Pflege als Kunststoffsättel. Mehr über Ledersättel erfährst Du im Sheldon Brown Artikkel über Ledersättel
Quellen
- Dieser Artikel basiert auf dem Artikel A Comfortable Saddle von der Website Sheldon Browns. Der Originalautor des Artikels ist Sheldon Brown.