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Schmieden, Gießen und CNC-Fräsen

Version vom 31. Juli 2017, 07:47 Uhr von Bikegeissel (Diskussion | Beiträge) (Änderung 13438 von Pedalista (Diskussion) rückgängig gemacht. Tausender Trennzeichen ist und bleibt ein "." und kein "'")

Dieser Artikel befasst sich mit den Unterschieden zwischen Schmieden und CNC-Fräsen und beleuchtet sowohl die Vor- und Nachteile. Anders als es die Artikelüberschrift suggeriert, wird der Prozess des Gießens nur am Rande erwähnt. Warum der Artikel nicht einfach "Schmieden und CNC-Fräsen" heißt, ist ein Rätsel, das Sheldon Brown nicht aufgelöst hat.

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Schmieden

Um etwas zu Schmieden erstellt man zuerst eine Form aus sehr gutem Stahl. Man steckt nun eine Platte des Metallstücks, das man schmieden möchte, zwischen die beiden Hälften der Form und drückt nun die beiden Hälften der Form sehr KRÄFTIG zusammen. Zumeist wird das in Pressen gemacht, die einen Druck von mehreren zehn oder hunderten Tonnen aufbringen können. Die beiden Teile der Form heißen Gesenke, normalerweise ist eines fest montiert und das andere beweglich.

Das Metall fließt wie Zahnpasta und wenn man die Form öffnet, hat man das Teil. Ein wenig Veredeln und gewünschte Teil ist gebrauchsfertig. Das ist ein recht teurer Vorgang. Die Formen herzustellen kostet eine Menge und die Presse an sich ist zwar einfach aber das enorme Gewicht macht es teuer. Wenn man jedoch eine große Menge Teile herstellt , wird es wieder günstig. Das zu formende Metall kann entweder kühl (maximal 1/3 der Temperatur seines Schmelzpunkts oder sehr heiß - knapp unter dem Schmelzpunkt - sein. Wenn man Eisen formen möchte, muss das Metall sehr heiß gemacht werden.

Andere oft verwendete Prozesse sind Gießen (flüssiges Metall in eine Form schütten) und CNC-Fräsen (Computer Numeric Control).

Das widerstandsfähigste Ergebnis erhält man normalerweise durch Schmieden. Wenn Metall abkühlt, bilden sich Gefüge, die stark sind aber nicht perfekt zusammen"kleben". Daher können gegossene Stücke leichter brechen. Wenn man sich die Bruchstelle anschaut, sieht man eine zerfurchte matte Oberfläche, die zwischen den einzelnen Gefügen auseinander gebrochen ist. Sie zeigt schlechte Duktilität (Dehnfestigkeit).

Wenn man ein Stück Metall schmiedet, kollabieren die individuellen Gefüge. Das Ergebnis ist ein wenig dichter und wird eher verbiegen als brechen. Das Ergebnis ist ein ganzes Stück widerstandsfähiger als ein Guss oder ein aus einem Stück Metall gefrästes Bauteil. Dabei ist gerade die Oberfläche, weil sie den meisten Druck erhalten hat, die stärkste Stelle. Je weniger Störungen diese Oberfläche aufweist, desto widerstandsfähiger ist das Bauteil. Ein Bruch zeigt eine glänzende Fläche, weil die Spalten zwischen den Gefügen weg sind. Die Fließrichtung des Metalls durch den Druck des Schmiedens zeigt ähnliche Strukturen wie Holz, so dass es an spezifischen Stellen widerstandsfähiger ist. Gut konzipierte Gesenke geben Kontrolle über diesen Fluss und können so Bauteile an den am meisten belasteten Stellen widerstandsfähiger gestalten.

CNC Fräsen

CNC Fräsen startet mit einem Rohling, der ein Stück Vollmetall ist. Dieses Stück Metall wurde entweder gegossen, geschmiedet oder gewälzt (zwischen zwei Walzen gepresst, was eine Art limitiertes Schmieden darstellt, weil man hier nur Platten mit Gefügen wie bei einer Tafel herstellen kann).

Der Rohling wird in eine ziemlich normale Fräsmaschine eingespannt, die Positionssensoren und Positionierungsmotoren hat, die sich über Kontrollknöpfe bedienen lassen. Jedoch ist der Dreher/Maschinist hier ein Roboter. Ein drehendes Schneidwerkzeug, nimmt alles weg, was nicht zur Kurbel gehört. Das ganze funktioniert wie dreidimensionales Malen nach Zahlen mit guter Interpolation, so dass die Kanten recht geschmeidig werden.

Der Nachteil des CNC-Fräsens

Es gibt einige nachteilige Aspekte. Zuallererst wird eine Menge Metall verschwendet. Was entfernt wird, sind nur noch Metallspäne die an den Schrotthändler verkauft werden können. Im Vergleich dazu fällt beim Schmieden so gut wie kein Abfall an bis auf ein wenig Grate, die zwischen den Gesenken entstehen. Der CNC Prozess kann sehr zeitaufwändig sein, weil man nur wenige Kubikzentimeter Material pro Minute entfernen kann. Das hat im wesentlichen mit der Problematik zu schaffen, dass es schwierig ist, dass der Fräskopf und das Material nicht überhitzen und evtl. zu schmelzen beginnen. Ein Bauteil, dass so langgestreckt ist wie eine Kurbel, kann durchaus 10 Minuten benötigen. Eine Schmiedepresse benötigt dafür nur wenige Sekunden und kann in einem Arbeitsschritt sogar mehrere Bauteile gleichzeitig fertigstellen.

CNC Fräsen sind komplizierte Maschinen, die mit Servomechanik und Messinstrumenten vollgestopft ist. Eine CNC Fräse hat mindestens sechs Motoren (inklusive des Antriebs und Pumpen für Öl und andere Kühlflüssigkeiten). Laufzeitkosten von 1 €/Minute oder mehr sind üblich. Dabei sind die Computer nicht einmal der Löwenanteil bei den Kosten.

Zuguterletzt bleibt das Problem der Widerstandsfähigkeit. Wenn man Metall nur fräst, erhält man nicht die eng gepresste Oberfläche eine geschmiedeten Bauteils. Im schlimmsten Fall können innen liegende Kanten mit scharfen Anschlüssen über bleiben. Das sind Zonen mit erhöhter Belastung, an denen leicht Risse entstehen können. Insbesondere Aluminium ist anfällig dafür und Titan ist sogar noch empfindlicher.

Vorteile des CNC-Fräsens

Beim Schmieden lassen sich keine spitzen Innenwinkel herstellen. Sonst würde man das Bauteil nicht mehr aus der Form lösen können. Daher müssen alle Innenwinkel größer als 90° sein. Zudem müssen sie gerundete Ecken haben, weil sonst in der Form das Metall nicht in die Ecken gepresst sondern dort abgeschnitten würde.

CNC Fräsen hat solche Restriktionen nicht. Wenn man jedoch schön gerundete Kanten haben möchte, muss man zwischenzeitlich das Fräswerkzeug tauschen. Mit einem flachen Werkzeug entfernt man das überschüssige Metall an den flachen Stellen und man benötigt ein gerundetes Werkzeug, um gerundete Innenwinkel zu fräsen. Um also Zonen mit hoher Belastung auszugleichen benötigt man wieder mehr teure Maschinenzeit.

Warum CNC?

Wenn man obige Abschnitte liest, kann man sich fragen, warum man überhaupt CNC Fräsen für Fahrradbauteile einsetzt. Die Formen (Gesenke), mit denen geschmiedet wird, werden CNC gefräst. Dadurch wurden die Werkzeugkosten für das Schmieden erheblich gesenkt. Den größten Fortschritt hat das CNC Fräsen durch das Militär erlebt. Wenn man nur etwa 30 irgendwelcher Dinger mit komplizierter Form bauen will, ist CNC Fräsen genau richtig.

Die Friedensdividende der 1980er und 1990er Jahre hinterließ einen Haufen Werkstätten mit CNC Fräsen. Da die Kosten einer nicht ausgelasteten Maschine leicht über die Hälfte der Kosten ausmacht, die eine voll ausgelastete Maschine erzeugt, wurden Aufträge gesucht, um nicht bankrott zu gehen. Daher wurde nach Dingen gesucht, die Geld in die Kasse spülen. Dabei entstanden Vitrinen-Teile und andere Dinge, bei denen man mit "Weltraumtechnik" Marketing betreiben konnte und die Nachteile von CNC zu überdecken. (Bezüglich dessen lohnt sich auch ein Blick in den Golfsport und in Auto-Tuning Abteilungen)

Eine Presse ist eine große und schwere "Low-Tech" Maschine, die sehr geringe Wartungs- und Betriebskosten hat. Man bekommt sie einfach nicht kaputt. Die kompliziertes Teile an dieser Maschine sind die Sensoren, die dafür Sorgen, dass der Maschinist nicht zwischen die Maschinenteile gerät. Sie besteht entweder aus einem Motor, der eine Hydraulikpumpe eintreibt, oder einer Gesenkschmniede, die von einer Mechanik angehoben und wieder fallen gelassen wird (RUMMS!!). Keine tollen Messgeräte, kein Computer - außer man hat einen Roboter daneben stehen, der Rohlinge einlegt und fertige Teile heraushebt.

Warum Schmieden?

CNC Fräsen ist eine gute Ergänzung zum Schmieden. Es gibt eine Menge Formen, die sich durch Schmieden nicht herstellen lassen. Innenliegende Gewinde sind dafür ein Beispiel. So nimmt man die rohe geschmiedete Kurbel aus der Presse, spannt sie in die CNC Fräse, um Löcher für die Pedale mit Innengewinde, Kurbelabzieher und Löcher für die Kettenblattschrauben zu schneiden. Natürlich kann man auch in echter Massenproduktion einfach eine billige Maschine nehmen, die ausschließlich diese drei Tätigkeiten durchführen kann.

Wenn man weiß, dass man pro Jahr 50.000 Stück produziert und jedes mal diese 5 Löcher im 110 mm Lochkreis zu bohren hat, programmiert man die CNC Fräse, um eine Halterung zu fertigen, die fünf Bohrer genau im richtigen Kreis halten kann und immer einheitliche Löscher bohrt. Ein weiterer Gewindebohrer wird von der Halterung für das Kurbelabzieherloch gehalten, die letzte Halterung ist für den Gewindebohrer für das Pedalgewinde. Das funktioniert jeweils schneller und wesentlich billiger als jedes einzelne Teil von einer CNC Fräse machen zu lassen, die immer nur maximal 2 Löcher auf einmal herstellen kann und immer wieder Zeit benötigt, das Bauteil in die richtige Position zu bringen. Keine der beiden Herstellungsvarianten benötigt einen fähigen Machinisten und man kann auch eine Maschine bauen, die einfach nur die Bauteile von der einen zur nächsten Maschine bewegt, sowie eine weitere Maschine, die die fertigen Teile stapelt. Das ist nicht perfekt, weil jede Maschine immer nur genau eine Aufgabe übernehmen kann. Wenn man einen anderen Lochkreis produzieren will, macht man sich eine neue Maschine. Möglicherweise ist es ratsam, einzelne Teile austauschbar zu machen, wenn man zum Beispiel unterschiedliche Kurbellängen (z.B. 170 und 175) herstellen möchte. Möglicherweise sind auch zwei Maschinen günstiger.

Tatsächlich (so glaubte Sheldon Brown werden jedes mal die gleichen unfertigen Kurbeln geschmiedet und diese einfach auf die gewünschte Länge gekürzt. Das dürfte allerdings bei hochwertigen Modellen nicht der Fall sein.

Quelle

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Forging, Casting and CNC Machining von der Website Sheldon Browns. Originalautoren des Artikels sind Sheldon Brown und Jeff del Papa.