Ketten- und Ritzelverschleiß

Aus WikiPedalia

Fahrradfahrer sprechen oft von Kettenlängung, so als ob die seitlichen Laschen der Kette durch die Kräfte des Pedalierens aus ihrer Form gezogen würden. So funktioniert das natürlich nicht. Der Hauptgrund für Kettenlängung ist der Materialverschleiß der Niete an der Stelle, wo sie sich in der Buchse (oder "Halbbuchse" der buchsenlosen Kette) durch das ständige Strecken und Entspannen der Kette und dem Wechsel von Ritzel zu Ritzel beim Schaltvorgang dreht. Wenn man eine alte und verschlissenen Kette auseinanderbaut, kann man leicht die Einkerbungen durch das Reiben der Buchsen an den Seiten der Niete erkennen. Bei buchsenlosen Ketten hat die Innenkante des Innenlaschenlochs eine geschmeidige Kante statt einer harten Kante. Das trägt vermutlich zur längeren Lebensdauer von buchsenlosen Ketten bei.

Hier erkennt man, wie das Material der Niete einer ungewöhnlich stark verschlissenen Kette abgetragen wurde. Man kann gut erkennen, wie die Rolle leicht aus der Position geschoben ist.
Hier sieht man, warum die Rolle seitliche verschoben ist. Die "Halbbuchse" ist abgeschliffen worden. Sicherlich ist auch das Innere der Rolle vergrößert.


Werbung:

Auf den folgenden Bildern wird die Kette im Uhrzeigersinn um das Ritzel geführt. Das heißt, dass die Kette auf der rechten Seite abwärts gezogen wird.

Neue Kette auf neuem Ritzel

Neue Kette auf neuem Ritzel

Wenn eine neue Kette ein neues Ritzel umschlingt, drückt jede Rolle, die auf dem Ritzel aufliegt, mehr oder weniger mit der gleichen Kraft gegen den korrespondierenden Zahn des Ritzels. So verteilt sich die Last und der Druck gleichmäßig über etwa die Hälfte der Ritzelzähne (im Beispielbild oben etwa zehn bis elf Rollen). Die Mitte jeder Rolle ist bis zur Mitte der nächstgelegenen Rolle ziemlich exakt 12,7 mm (1/2 Zoll) entfernt. Dieses Maß nennt man Zahnabstand der Kette. Die Ritzelzähne sind so geformt, dass die Mitte der Biegung, die jedes Tal ausmacht, exakt 12,7 mm (1/2 Zoll) von der nächsten Talmitte entfernt liegt. Der Durchmesser des Ritzels wird berechnet aus dem Zahnabstand und der Zahl der Ritzelzähne.

Verschlissene Kette auf verschlissenem Ritzel

Diese Kette und das Ritzel sind gemeinsam verschlissen. Man kann das Licht an einigen Stellen unter der Kette hindurchscheinen sehen. Die verschlissene Kette hat sich "gelängt", so dass sie nicht mehr in den originalen Abstand zwischen den Ritzelzähnen passt. Das Ritzel ist so weit verschlissen, dass die Abstände zwischen den Zähnen der gelängten Kette angepasst sind. Auf dem Bild oben hängt die Kette lose über dem Ritzel. Beim Pedalieren unter Last ist der obere Antriebstrumm unter Spannung und der untere nicht. In dieser Situation bei gemeinsam verschlossenen Komponenten kann es passieren, dass die Kette oben auf den Zähnen aufliegt und herumgeführt wird.

Dieses Bild zeigt zwei Ritzel. Man erkennt ein stark verschlissenes Ritzel im Vordergrund (silbrig) und ein neues direkt dahinter (schwarz) von der rechten Seite aus gesehen. Bei einem neuen Ritzel ist die Zahnflanke, auf die die Rolle drückt, senkrecht zur Zugkraft der Kette ausgerichtet. Die verschlissenen Zähne sind zu Rampen geworden, auf denen die Kette unter Last hinauf rutscht. Die Rollen rutschen so weit hinauf, bis sie den Radius erreicht haben, der dem vergrößerten Abstand von Niete zu Niete entspricht. Der effektive Durchmesser des Ritzels (und damit der effektive Zahnabstand) ist größer geworden, da die Kette nicht länger in den Talsenken aufliegt.

Neue Kette auf verschlissenem Ritzel

Der Hauptteil des Antriebs wird in dieser Kombination auf der linken Seite, wo die Kette sich mit dem Ritzel zuerst verbindet, ausgeführt. Da die Abstände bei Kettenblatt und Kette nicht zusammenpassen, erreichen die Rollen auf der rechten Seite, wo die Kette das Ritzel wieder verlässt, fast nichts, um das Ritzel weiterzutreiben. Stattdessen werden die Rollen durch den vergrößerten Abstand der Ritzelzähne einfach angehoben. Die Last durch das Pedalieren konzentriert sich somit fast ausschließlich auf der linken Seite. Zudem rollt die Rolle den Zahn hinauf, während sie diesem im Laufe einer Umdrehung folgt. Das erzeugt zusätzlichen Verschleiß an Rollen und Buchsen (bzw. Halbbuchsen). Bei einer passenden Kette bewegen sich die Rollen jeweils nur ein kleines Stück, wenn sie sich mit dem Ritzel verbinden und dann wieder beim Lösen vom Ritzel.

Ergänzung von John Allen
Dies ist wieder ein Bild einer hängenden Kette ohne Last. Die Kettenglieder werden nicht immer höher und höher hinaufrutschen und die ganze Zeit mit dem Zahn in Verbindung bleiben können. Es erscheint so, als ob die Kettenglieder zuerst immer tiefer in das Ritzel hineingedrückt werden, um dann bei Überschreiten des Wendepunkts plötzlich nach oben zu wandern und kurz vor dem Verlassen des Ritzels unter Umständen oben auf dem Zahn aufliegen (Das erkennt man nicht auf dem Bild). Hier kann die Kette dann nach vorne wegrutschen, bevor das Ritzel verlassen wird. Ketten, die durch die Hinterradachsenposition gespannt werden und nicht durch Schaltwerk oder Kettenspanner, werden gezwungen, in Kontakt mit dem verschlissenen Ritzel zu bleiben. Die Kettenglieder stehen in diesem Fall unter hoher Last und unterliegen hohem Verschleiß. Moderne Ritzel, die Schalthilfen zur Schaltoptimierung integriert haben, haben kürzere Zähne. Zähne größerer Ritzel können hakenartige Formen annehmen. Man kann ein verschlissenen Ritzel herumdrehen oder die Haken abschleifen, um die Lebensdauer des Ritzels zu erhöhen. Das ist jedoch bei Ritzeln mit besonderer Form oder Rampen nicht möglich. Bei Fixed Gear Fahrrädern oder Rücktrittbremsen wird das Vorgehen auch nicht empfohlen, da hier die Kette in beide Richtungen belastet wird.


Verschlissene Kette auf neuem Ritzel

Wegen der nicht passenden Abstände bei Ritzelzähnen und Kette ist die Last fast ausschließlich auf der rechten Seite konzentriert. Auf der linken Seite besteht kein richtiger Kontakt zwischen Kette und Ritzel. Das neue Ritzel wird schnell verschleißen, um sich dem Zahnabstand der Kette anzupassen.

Ergänzung von John Allen
In diesem Fall hatte Sheldon wohl recht. Jedoch kann die Kette auch die ganze Zeit oben auf den Zähnen "reiten".

Bei einem Ritzelpaket werden manche Ritzel häufiger genutzt als andere. Hier läuft die Kette manchmal auf einem fast neuen Ritzel innerhalb des ziemlich alten Ritzelpakets. Daher ist diese Kombination gar nicht so unwahrscheinlich.


Kettenverschleiß bestimmen

Die Standardvorgehensweise, um den Kettenverschleiß zu bestimmen benötigt entweder ein Lineal oder ein Stahlmaßband mit Zolleinteilung. Dazu muss man die Kette nicht vom Fahrrad demontieren. Man platziert die Nullmarkierung des Messinstruments seitlich an einem Niet und zählt genau 12 ganze Kettenglieder (12 * 1 Zoll = 1 Fuß) ab. Bei einer neuen unverschlissenen Kette wird der korrespondierende Niet genau auf der 12 Zoll-Markierung liegen. Bei einer verschlissenen Kette wird er jenseits dieser Markierung liegen.

Um genau messen zu können, benötigt die Kette Spannung. Das geht am besten am Fahrrad montiert oder in der Luft hängend. Auf jeden Fall sollte man ein Metallmessgerät benutzen, weil Holz, Kunststoff oder Gewebe sich in ihrer Länge zu stark verändern können.

Hierdurch erhält man ein direktes Maß des Ketten- und ein indirektes Maß des Ritzelverschleißes.

Zollbasiertes Messen

  • Wenn der Niet weniger als 1/16 Zoll jenseits der 12 Zol Markierung liegt, ist alles in Ordnung.
  • Wenn der Niet etwa 1/16 Zoll jenseits der 12 Zoll Markierung liegt, solltest Du die Kette wechseln. Die Ritzel sind vermutlich ohne Beschädigung.
  • Ist die Markierung 1/8 Zoll entfernt, ist die Kette zu lange gefahren worden, und die Ritzel (oder zumindest das am häufigsten genutzte), sind ordentlich verschlissen. Wenn man an diesem Punkt nur die Kette wechselt (ohne Ritzeltausch), kann es sein, dass die Kette noch gut läuft ohne zu springen. Die verschlissenen Ritzel werden jedoch den Kettenverschleiß deutlich beschleunigen, bis die Kette auf den Ritzelverschleiß angepasst ist.
  • Jenseits der 1/8 Zoll Markierung wird eine neue Kette auf jeden Fall auf den Ritzeln springen - insbesondere auf den kleineren Ritzeln.

Metrisches Messen

Falls Du nur metrische Messinstrumente an der Hand hast, zählst Du zehn (25,4 cm) bzw. 15 (38,1 cm) Kettenglieder ab.

  • Wenn der Niet weniger als 25,5 cm (oder zwischen 38,2 und 38,3 cm) jenseits liegt, ist alles in Ordnung.
  • Wenn der Niet etwas mehr als 25,5 cm liegt (oder sich 38,3 cm annähert), solltest Du die Kette wechseln. Die Ritzel sind vermutlich ohne Beschädigung.
  • Ist die Markierung 25,7 cm (oder 38,5 cm) entfernt, ist die Kette zu lange gefahren worden, und die Ritzel (oder zumindest das am häufigsten genutzte), sind ordentlich verschlissen. Wenn man an diesem Punkt nur die Kette wechselt (ohne Ritzeltausch), kann es sein, dass die Kette noch gut läuft ohne zu springen. Die verschlissenen Ritzel werden jedoch den Kettenverschleiß deutlich beschleunigen, bis die Kette auf den Ritzelverschleiß angepasst ist.
  • Jenseits der 25,7 cm (oder 38,5 cm) Markierung wird eine neue Kette auf jeden Fall auf den Ritzeln springen - insbesondere auf den kleineren Ritzeln.

Kettenverschleißlehren

Es existieren spezielle Werkzeuge, um den Kettenverschleiß zu messen. Dies sind etwas weniger aufwändig, jedoch in keinem Fall notwendig. Zudem sind sie mit Ausnahme der beiden Werkzeuge von Shimano (TL-CN40 und TL-CN41) ungenau, weil der Bewegungsspielraum der Rollen den Verschleiß der Nieten in der Messung verfälscht.

Kettenlänge

Dieser Aspekt wird ausführlich im Artikel über Einstellen der Schaltung erläutert.

Siehe auch

Auch interessant:

Quelle

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Chain Maintenance von der Website Sheldon Browns. Originalautor des Artikels ist Sheldon Brown.